Coaching-Auszeit-Erfahrungen: Interview mit Coachee Beate Hilla.
Die wenigsten Menschen mögen Veränderungen und die damit verbundenen Entscheidungen. Das ist normal und da geht es Führungskräften, Unternehmerinnen und Selbstständigen nicht anders. Doch wer führt, trägt viel Verantwortung – nicht nur für sich selbst, sondern auch für ein Team und für den Erfolg des Unternehmens. Ausweich-Strategien führen über kurz oder lang zur Einschränkung der Handlungsfähigkeit, zu Zweifeln, Unzufriedenheit oder zur Belastung der eigenen Gesundheit. Auch Wendepunkte wie der bevorstehende Ruhestand können Sinnkrisen auslösen. Eine Coaching-Auszeit hilft, die Handlungsfähigkeit zurückzuerobern und Veränderungen wieder aktiv zu gestalten statt sie nur geschehen zu lassen.
Resilienzexpertin Prof. Jutta Heller ist zertifizierte Senior Coach und bietet seit diesem Jahr in Nürnberg und auf Teneriffa einwöchige Coaching-Auszeiten speziell für weibliche Führungskräfte an. Das Ziel: Den Kopf freibekommen. Chancen entdecken und sortieren. Kraft schöpfen und neu fokussiert durchstarten.
Aber lässt sich das wirklich in wenigen Tagen erreichen? Macht der Ortswechsel einen Unterschied? Und wie gelingt der Transfer in den Alltag? Wir reichen diese Fragen weiter an Beate Hilla, die ihre Coaching-Auszeit-Erfahrungen aus der Perspektive des Coachees in einem Interview mit uns teilt.
Bildmaterial © Ingo Foertsch
Frau Hilla, Sie haben im Juli als Coachee an der Coaching-Auszeit mit Prof. Heller teilgenommen. Mit welchen Herausforderungen im Gepäck sind Sie nach Nürnberg gefahren?
Beate Hilla: Ich bin seit vier Jahren operative Geschäftsführerin meines Therapiezentrums und leite ein rund 30-köpfiges Team an den beiden Standorten Duisburg und Moers. Ich bewundere Menschen, die intuitiv führen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht – aber ich hatte in den letzten Monaten zunehmend mit meiner Führungsrolle „gefremdelt“. Ich bin mit Leib und Seele Osteopathin, gleichzeitig nehme ich die Verantwortung als Teamleiterin ernst und ich mache das auch gerne. Aber Menschenführung geht nicht nebenbei, das ist auch eine Berufung. Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich die Doppelrolle als Therapeutin und Führungskraft weiterhin übernehmen möchte. Irgendwann war klar, dass ich eine Entscheidung treffen muss und für diesen Prozess habe ich professionelle Begleitung gesucht.
Warum haben Sie sich für das Format „Coaching-Auszeit“ und für Jutta Heller entschieden?
Beate Hilla: Ich kannte schon den Resilienz-Ansatz von Jutta Heller und wollte sehr gerne mit ihrem ressourcenorientierten Modell arbeiten, also ganz konkret mit meinen Stärken. Auch die Idee einer Coaching-Auszeit hat mich sehr angesprochen, raus aus dem Alltag statt zu versuchen, Herausforderungen irgendwie nebenher zu lösen. Es hat einfach eine andere Qualität, wenn man sich ein paar Tage ganz für sich gönnt und den eigenen Gedanken Raum gibt – gerade bei einer für mich so wichtigen Entscheidung. Außerdem ist Jutta Heller zertifizierter Coach und hat viel Erfahrung mit Führungskräfteentwicklung. Die Kombination aus diesen Punkten ergab für mich ein rundum stimmiges Paket und so bin ich dann gerne den Weg von Duisburg nach Nürnberg gefahren.
Hatten Sie ein klares Ziel, was Sie in der Coaching-Woche erreichen wollten?
Beate Hilla: Hm, ich wusste natürlich, dass eine Entscheidung ansteht. Aber wenn ich an unsere erste Coaching-Session zurückdenke, war in meinem Kopf alles sehr diffus. Ich hatte unzählige Fragen an mich selbst, die ich allein nicht so richtig zu fassen bekommen habe. Will ich weiterhin Geschäftsführerin sein? Und wenn nicht – wer will ich dann sein? Kann ich überhaupt führen? Lässt sich die Rolle als Führungskraft mit der Rolle als Therapeutin so vereinen, dass ich zufrieden bin? Jutta hat alle Möglichkeiten und Hindernisse mit mir zusammengetragen und sehr interessant war: Als ich das auf dem Whiteboard so strukturiert vor mir gesehen habe, wusste ich schon am Ende des ersten Tages: Ja, ich will das! Es steckt so viel Herzblut von mir in diesem Therapiezentrum – das gebe ich nicht in fremde Hände. In den nächsten Coaching-Einheiten haben wir uns dann konkret dem „Wie“ gewidmet.
Welche der eingesetzten Coaching-Werkzeuge fanden Sie besonders hilfreich auf diesem Weg?
Beate Hilla: Alle! Wir haben mit der Heldenreise gearbeitet, mit dialogischer Gesprächsführung, mit der inneren Bühne – jede einzelne Intervention hat bei mir ein Aha-Erlebnis ausgelöst. Die Arbeit mit Tiermetaphern kannte ich schon aus den Büchern von Frau Heller, aber es fühlt sich in der Coachee-Rolle nochmal ganz anders an. Es ist ein super Ansatz, um sich über Stärken klar zu werden und die eigenen Charakterzüge herauszukitzeln. Auch ganz wunderbar fand ich alle Übungen mit Körperempfinden und Visualisierung. Vielleicht weil ich als Osteopathin in meinem Beruf körperbetont arbeite – für mich ist jedes Gefühl eng mit dem Körper verbunden. Auf jeden Fall konnte ich mich darauf sehr gut einlassen.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Beate Hilla: Im Zusammenhang mit den Entscheidungen, die ich für mich getroffen habe, stand unter anderem ein schwieriges Gespräch an. Mit Juttas Führung sollte ich mir die Gesprächssituation in verschiedenen Varianten vorstellen, immer in Verbindung zwischen Kopf und Körper: Was sehe ich auf meiner inneren Leinwand? Welche Empfindungen habe ich dabei, was spüre ich? Am Ende der Übung hatte ich eine völlig andere Emotion zu dieser Gesprächssituation, das war erstaunlich. Und ich kann diese Übung heute noch reproduzieren, es ist also wirklich etwas, das sich in den Alltag transferieren lässt.
Haben Sie am Ende der Coaching-Woche schon eine Veränderung gefühlt?
Beate Hilla: Unbedingt, ich bin ganz anders zurückgefahren als ich gekommen bin. Ich hatte ein geschärftes Bild von mir, von meiner Identität, meiner beruflichen Rolle. Außerdem fühlte ich einen deutlichen Anstieg meines Energielevels. Denn nicht zu wissen, was man will, raubt unglaublich viel Kraft – mir fehlte die Ordnung im Kopf und ich war ständig auf der Suche nach kleinen Fluchtwegen, um Entscheidungen aus dem Weg zu gehen. Klar liegt noch ein Weg vor mir, um alles umzusetzen, was ich mir vorgenommen habe. Aber das macht mir keine Angst mehr, meine Zweifel sind weg. Der morgige Tag ist kein „alles-ist-möglich-Tag“, in den ich mich hineintreiben lasse, sondern ich kenne mein Ziel, ich weiß, was ich will und was ich zu tun habe.
Wissen, was man will, reicht oft nicht aus. Klappt auch die Umsetzung im Alltag?
Beate Hilla: Ja, ich bin sehr zufrieden mit meinen ersten Schritten. Ich sitze anders, ich spreche anders – beispielsweise versuche ich klarere Aufforderungen zu formulieren und den Konjunktiv zu vermeiden. Ich habe ein anderes Verhältnis zu den Hierarchien in unserem Team. Ich fühle mich als Führungskraft und nicht so, als würde ich mir diesen Hut nur zwischendurch ab und zu mal aufsetzen. Das klingt nach Kleinigkeiten, aber es hat eine große Wirkung. Ich habe den Eindruck, dass sich meine Mitarbeitenden besser geführt fühlen, weniger verloren, und es entsteht weniger negative Gruppendynamik. Auf jeden Fall habe ich aus dem Team schon mehrfach positives Feedback erhalten.
Letzte Frage zu Ihren Coaching-Auszeit-Erfahrungen: Wie hat Ihnen die Location in der Akademie Prof. Heller gefallen?
Beate Hilla: Ich fand sowohl das Hotel Kunstquartier, in dem ich untergebracht war, als auch den Landhof ganz wunderbar. Das ist subjektiv, aber ich bin sehr gerne in der Natur und habe die Weite auf dem Landhof genossen. Es macht was mit einem, wenn der Blick in die Ferne schweifen kann. Positiv fand ich die Trennung zwischen dem Hotel und der Akademie, wo die Coachingeinheiten stattfanden: Der tägliche Hin- und Rückweg war für mich ein Teil des Coachings – während des kleinen Spaziergangs ist man ganz bei sich. Auch die Lage des Hotels ist toll. Mein Mann war mitgereist und so konnten wir am Nachmittag einige schöne Ausflüge machen.
Frau Hilla, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben!