Ein Team resilient führen – durch individuelle Ressourcenstärkung
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie individuelle Resilienz und Team-Resilienz zusammenspielen. Um resilient zu führen, sollte sowohl die innere Stärke der einzelnen Team-Mitglieder gefördert werden als auch diejenigen Prozesse im Team, die das Team als Ganzes stärken.
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
Ein Satz, der auf Instagram gut klingt – und in vielen Teammeetings unkritisch zitiert wird. Aber gilt das auch für die Resilienz eines Teams?
Die ehrliche Antwort: Jein. Denn ein Team ist nicht automatisch resilient, wenn einzelne Teammitglieder innere Stärke zeigen. Und umgekehrt kann ein scheinbar robustes Teamgefüge ins Wanken geraten, wenn Einzelnen die Ressourcen ausgehen. Individuelle Resilienz und Team-Resilienz stehen in einem komplexen Zusammenspiel – sie bedingen einander und ergänzen sich, sind aber nicht ein und dasselbe.
In Phasen hoher Belastung rutschen Teams allzu schnell in den Problemfokus: Was fehlt, was nicht klappt, wer gerade „nicht funktioniert“. Dabei gerät aus dem Blick, was bereits da ist – an Kompetenzen, Erfahrungen, generell an Ressourcen. Wer resilient führen möchte, muss deshalb nicht nur auf Strukturen und Prozesse achten, sondern auch darauf, wie individuelle Ressourcen im Team sichtbar und nutzbar werden.
In diesem Beitrag geht es um genau dieses Zusammenspiel:
- Wo ergänzen sich individuelle und Team-Resilienz?
- Wie verantwortlich sind resiliente Einzelpersonen für Team-Resilienz?
- Und wie kann man ein Team ganz praktisch resilient führen?
Resilienz: Individuelle Stärke trifft auf interaktionale Prozesse
Individuelle Resilienz verstehen wir als innere Regulationskompetenz, mit der Menschen Herausforderungen meistern, Krisen durchstehen und ihre alltäglichen Belastungen handhaben. In Bezug auf Teams ist diese Perspektive nicht falsch, aber unvollständig. Resilienz entfaltet ihre Wirkung erst dann voll, wenn sie nicht nur im Einzelnen verankert ist, sondern auch zwischen den Menschen stattfindet – in ihren Interaktionen, Routinen und geteilten Überzeugungen.
Individuelle Resilienz zeigt sich zum Beispiel darin, wie jemand mit Druck umgeht, wie flexibel Denk- und Handlungsmuster sind, wie gut es gelingt, sich selbst zu regulieren. Das ist wichtig – denn wer im eigenen Gleichgewicht bleibt, bleibt langfristig gesund und leistungsfähig und kann auch anderen Halt geben. Doch es reicht nicht, wenn Teammitglieder nebeneinander stark sind, aber nicht miteinander agieren.
Team-Resilienz ist mehr als ein Gruppenmittelwert individueller Belastbarkeit. Sie entsteht aus dem Zusammenspiel der Team-Mitglieder: aus dem Vertrauen zueinander, aus der gemeinsamen Verarbeitung auch schwieriger Situationen, aus einer geteilten Haltung gegenüber Unsicherheit und Wandel. Das Entscheidende liegt nicht in den einzelnen Menschen, sondern zwischen ihnen – in der Art, wie sie kommunizieren, sich abstimmen, Konflikte austragen oder Verantwortung teilen. In meiner Blogreihe zu Team-Resilienz bin ich in den letzten Beiträgen auf die vier Schlüssel der Team-Resilienz eingegangen (siehe Team-Resilienz: Gemeinsam stark im Sturm, Psychologische Sicherheit als Grundpfeiler für Team-Resilienz, Vom Umgang mit Unerwartetem: So bleibt das Team anpassungsfähig und Emotionale Resilienz im Team aufbauen).
Während individuelle Resilienz auf Schlüssel wie Akzeptanz, Selbstwirksamkeit oder Lösungsorientierung setzt, rückt bei Team-Resilienz der Fokus auf interaktionale Prozesse: Wie gehen wir miteinander um? Wie wird Wissen geteilt? Wie werden Fehler angesprochen? Wie geht das Team mit Spannungen um, ohne in Schuldzuweisungen zu verfallen? Wer resilient führen will, sollte also nicht nur individuelle Stärken fördern, sondern gezielt den Raum schaffen für Kooperation und Vertrauen. Denn Resilienz im Team ist nicht einfach gegeben – sie wird im Alltag gemeinsam erzeugt.
Tipp: Für die gezielte Resilienzentwicklung im Team empfehle ich die Übung „Kompetenzenmatrix“. Sie ist ein einfaches, aber wirkungsvolles Instrument, um Kompetenzen und Stärken im Team sichtbar zu machen und ins Gespräch zu bringen. Dabei werden die Teammitglieder auf der einen Achse, ihre jeweiligen Kompetenzen und Stärken auf der anderen Achse einer Matrix eingetragen. Diese Übersicht schafft zum einen ein besseres Verständnis für die Unterschiede und Besonderheiten jeder Person. Die Teammitglieder lernen sich nicht nur fachlich, sondern auch in ihren Herangehensweisen und Potenzialen besser kennen – was im Alltag zu mehr Verständnis und reibungsloseren Abläufen führen kann. Zum anderen fördert die gemeinsame Arbeit mit der Kompetenzenmatrix eine neue Sicht auf Unterschiedlichkeit: Nicht als Mangel, sondern als Ergänzung. Synergien entstehen dort, wo Verschiedenheit auf Wertschätzung trifft. Wenn Gespräche über Kompetenzen wohlwollend geführt werden, wächst das Verständnis füreinander – und mit ihm die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Das vielleicht wichtigste Aha-Erlebnis dabei: „Ich muss nicht alles können – aber ich kann etwas beitragen, das andere brauchen.“
Wo individuelle Resilienz die Team-Resilienz ergänzt
Eine kürzlich veröffentlichte Studie untersuchte, welche Faktoren den Wissensaustausch unter Kolleg*innen begünstigen. In einer zunehmend vernetzten Arbeitswelt ist dieser Austausch zentral: Wer informiert ist, kann fundierte Entscheidungen treffen, Prozesse besser abstimmen und schneller auf Veränderungen reagieren. Es geht dabei nicht nur um technische Abläufe – sondern um das Teilen von Kontext, Einschätzungen, offenen Fragen. Alles wichtige Merkmale eines resilienten Teams.
Das zentrale Ergebnis: Wissensaustausch funktioniert besonders gut in einem Umfeld, in dem stärkenorientiert geführt wird.
Stärkenorientierte Führung ist ein Führungsansatz, der auf den Erkenntnissen der Positiven Psychologie beruht. Statt sich auf Defizite zu konzentrieren, richten Führungskräfte den Blick gezielt auf die individuellen Stärken ihrer Mitarbeiter*innen, fördern diese durch passende Aufgaben, gezieltes Feedback und Raum zur Weiterentwicklung. Stärkenorientierung ist ein zentrales Thema, wenn man resilient führen will.
Die Studie liefert auch eine plausible Erklärung für den beobachteten Zusammenhang: Menschen, die ihre eigenen Stärken kennen – und auf sie vertrauen –, teilen ihr Wissen eher bereitwillig mit anderen. Sie erleben sich als kompetent, wertvoll und wirksam. Und sie haben weniger Angst, dass ihnen etwas „weggenommen“ wird, wenn sie ihr Know-how offenlegen. Individuelles Stärkenbewusstsein schafft psychologische Sicherheit und die ist eine zentrale Grundlage für funktionierende Teamprozesse.
Hier zeigt sich deutlich, wie individuelle Resilienz und Team-Resilienz sich wechselseitig stärken können: Wer seine persönlichen Ressourcen kennt, kann sie gezielt einbringen. Und wenn das Umfeld diese Beiträge anerkennt und aufgreift, entsteht ein tragfähiges Netz aus Vertrauen, Verbundenheit und Kompetenz. Das Team profitiert von den Einzelnen – und stärkt sie gleichzeitig durch Resonanz und Rückhalt im Team-Netzwerk.
Wenn Sie als Führungskraft Ihr Team stärkenorientiert führen wollen, beobachten Sie sich am besten selbst, wenn Sie Kompetenzen bei Ihren Mitarbeiter*innen wahrzunehmen glauben. Fragen Sie sich regelmäßig ganz bewusst: Woran mache ich diesen Eindruck fest? Welches Verhalten zeigt diese/r Mitarbeiter*in, das die Stärke ausdrückt? Nutzen Sie Ihre Wahrnehmungen dann und geben Sie Ihren Mitarbeiter*innen stärken- und kompetenzorientiertes Feedback. Die wichtigsten Grundprinzipien dafür sind:
- Ressourcenorientierung: Erwähnen Sie, was bereits gut funktioniert – und nehmen Sie den Fokus weg von dem, was (noch) nicht so gut läuft
- Wertschätzung der Stärken ihrer Mitarbeiter*innen: Erwähnen Sie explizit deren persönlichen Beitrag zu einem erfolgreichen Ergebnis („Deine Kreativität hat uns hier wirklich weitergebracht!“)
- Dialog: Fragen Sie Ihre Mitarbeiter*innen, was ihnen an ihren Aufgaben besonders Freude bereitet und wo sie selbst ihre Stärken sehen. Gemeinsam können Sie daran arbeiten, solche passenden Einsatzbereiche auszubauen.
Wie persönliche Stabilität die Team-Resilienz trägt
Ich habe es bereits angedeutet: Viele resiliente Menschen ergeben nicht automatisch ein resilientes Team. Dazu gehört mehr – nämlich ein unterstützendes Miteinander, ein Bewusstsein für Dynamiken und ein Raum, in dem auch Schwächen Platz haben dürfen. Andererseits stimmt aber auch, dass fehlende Resilienz von Einzelnen auch ein ansonsten intaktes Teamgefüge erheblich ins Wanken bringen kann.
Ein Beispiel: Ein Kollege, der kurz vor dem Burnout steht, hat schlichtweg keine Kapazitäten mehr, um konstruktiv im Team mitzuwirken. Konzentration, Geduld, Offenheit – all das, was ein gutes Miteinander ausmacht, geht in akuten Belastungsphasen oft verloren. Stattdessen treten häufig Verhaltensweisen zutage, die das Klima im Team belasten: Rückzug, Zynismus, gereizte Kommentare. Laut dem Phasenmodell für Burn-out von Freudenberger & North gehören Sarkasmus und zunehmende Abneigung gegenüber Kolleg*innen sogar zu typischen Burnout-Symptomen.
Das bedeutet: Fehlende individuelle Resilienz hat direkte Auswirkungen auf die Team-Resilienz. Wer mit sich selbst kämpft, kann schwer für andere da sein. Im Umkehrschluss gilt: Menschen, die über ein stabiles inneres Fundament verfügen – die sich selbst gut regulieren, Grenzen wahrnehmen und Pausen ernst nehmen – sorgen nicht nur für sich, sondern auch für Weiterkommen des Teams. Sie kommen mit Veränderungen besser zurecht, können ihre Bedürfnisse besser wahrnehmen und kommunizieren und bringen ihre Stärken vertrauensvoll ins Team ein. Individuelle Stabilität ist also nicht nur Selbstfürsorge, sondern auch ein Beitrag zur Team-Resilienz.
Spannungsfelder – wenn Resilienz nicht gleich Resilienz ist
Es wäre schön, wenn man sich aus all dem einfach einen Bauplan zusammenstellen könnte, wie sich Resilienz im Team stärken lässt. Doch so einfach ist es natürlich nicht. Resilienz ist ein vielschichtiges Konzept, und jedes Team, jede Organisation bringt eigene Dynamiken mit. Unterschiedliche Konstellationen verlangen unterschiedliche Wege – und manchmal können Individuelle Resilienz und Team-Resilienz sogar gegenläufig sein.
Beispielsweise dann, wenn sich eine Person – ganz im Sinne ihrer Selbstfürsorge – dazu entscheidet, einen überfordernden Job zu verlassen. Für sie ein aktiver, bewusster Schritt der Selbstwirksamkeit. Für das Team jedoch bedeutet das neue Herausforderungen: Aufgaben bleiben liegen, Rollen müssen neu verteilt, Gruppenprozesse neu ausgehandelt werden. Was für den Einzelnen richtig ist, kann die Team-Resilienz zunächst schwächen.
Diese Spannungsfelder zeigen: Resilienz ist ein dynamisches Aushandeln zwischen Ich und Wir. Und braucht Räume, in denen dieses Aushandeln bewusst gestaltet wird – etwa in Resilienz-Workshops, in denen die Übungen gezielt auf die Situation im Team zugeschnitten wird.
Wenn auch Sie die individuelle Resilienz Ihrer Mitarbeiter*innen und die Team-Resilienz in Ihrem Unternehmen stärken möchten: Vereinbaren Sie einen kostenlosen Beratungstermin für Resilienz-Workshops. Nicht als Standardlösung, sondern als passgenau fokussierte Maßnahme.









