Geschwindigkeit ja bitte – aber mit Weitblick!
Schnell zu sein war für Unternehmen schon immer von Vorteil. Seit Beginn der Pandemie ist die Geschwindigkeit aber nochmal wichtiger geworden: Unternehmen mussten sehr schnell auf die unerwartete Situation reagieren, Lieferketten anpassen, Home-Office-Arbeitsplätze ermöglichen und viele ad-hoc-Entscheidungen ohne Vorbereitungszeit treffen. Wer da zu langsam reagierte, kam für die nötigen Umstellungen oft zu spät. Wenig überraschend haben laut einer aktuellen Studie von McKinsey diejenigen Unternehmen die Krise besser in den Griff bekommen, die schneller als andere auf die neuen Umstände reagiert haben.
Was uns die Corona-Pandemie damit gezeigt hat: Manche Unternehmen können unerwartet schnell reagieren, wenn sie müssen. Welche Mechanismen liegen dieser aus der Not heraus entwickelten Geschwindigkeit zugrunde? Wie interessant wäre es, diese Mechanismen zu identifizieren, zu institutionalisieren und so Unternehmen resilient und fit für zukünftige Krisen zu machen! Die schnelle Anpassung an die veränderte Situation war – und ist – ein großer Kraftakt für Unternehmen und ihre MitarbeiterInnen. Die Antwort auf die Frage kann daher nicht heißen, diese Kraftanstrengung weiterhin auf unabsehbare Zeit aufrechtzuerhalten. Das würde alle noch vorhandenen Ressourcen erschöpfen und mittelfristig zu einem Zusammenbruch führen. Vielmehr sollten Unternehmen und MitarbeiterInnen die strukturellen und psychologischen Voraussetzungen erkennen und ausbauen, die ihnen ermöglichen, im Falle der nächsten Krise schneller, flexibler, und gleichzeitig mit weniger Kraftaufwand reagieren zu können.
In Anlehnung an die oben erwähnte McKinsey-Studie möchte ich auf einige zentrale Fragen eingehen, die sich jetzt für Unternehmen stellen, wenn sie ihre Reaktions-Geschwindigkeit zukünftig erhöhen wollen. Dabei geht es um das Umfeld von Unternehmen und wie sie sich darauf einstellen, auf die Arbeitsweisen innerhalb des Unternehmens und auf den grundsätzlichen Unternehmensaufbau. Immer aber liegt der zentrale Balanceakt zwischen Flexibilität in der Reaktion auf äußere Umstände und Stabilität im Unternehmensinneren zugrunde.
Fragen, die sich Unternehmen jetzt stellen sollten
Wird sich das Verhalten der KundInnen ändern?
Die meisten Menschen verhalten sich seit Beginn der Pandemie deutlich anders als zuvor. Dazu tragen einerseits äußere Umstände bei, wie zum Beispiel Lockdown-Zeiten: Wenn Restaurants geschlossen sind, kochen mehr Menschen entweder selbst oder lassen sich Essen liefern. Andererseits verändern auch innere Einstellungen das Verhalten: Beispielsweise führt das Ziel, sich selbst und andere nicht anzustecken, dazu, dass man mehr zuhause bleibt und weniger Menschen trifft. Solche Verhaltensänderungen wirken sich natürlich auch auf die meisten Unternehmen aus, weil sich die Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen erhöht, vermindert oder verlagert (z.B. auf Online-Angebote). Die große Frage ist: Werden die KundInnen ihr Verhalten nach der Pandemie beibehalten? Oder kehren sie zurück zu früheren Mustern? Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, auf beide Entwicklungen schnell reagieren zu können und deswegen offen für unterschiedliche Szenarien bleiben.
Wie bringen Unternehmen Produktivität und Gesundheitsschutz zusammen?
Resiliente Unternehmen brauchen gesunde MitarbeiterInnen. Nie war das deutlicher als in den letzten Monaten, als zeitweise die Gefahr bestand, dass große Teile der Mitarbeitenden durch Covid-Erkrankung ausfallen würden – oder jetzt, wo viele MitarbeiterInnen durch die Dauerbelastung beruflich und privat so erschöpft sind, dass ihre Produktivität gefährdet ist. Die Aufgabe von Unternehmen muss es sein, den MitarbeiterInnen gesundes Arbeiten zu ermöglichen und gleichzeitig die Produktivität beizubehalten. Das beinhaltet beispielsweise Angebote für Home-Office-Arbeitsplätze, um Ansteckungsgefahr zu reduzieren, oder eine aktive Unterstützung der Impf- und Testkampagnen zum Schutz der MitarbeiterInnen. Beispielsweise können Unternehmen aktiv Freistellungsangebote für Impfungen machen oder Testräume einrichten, die das Schnelltesten am Arbeitsplatz erleichtern. Noch auf nicht absehbare Zeit müssen Unternehmen damit rechnen, dass MitarbeiterInnen verschiedene und wechselnde Arbeitsformen nutzen müssen, um Ansteckungsrisiken zu minimieren. Es wird Home-Office-Modelle geben, aber auch Rückkehr an die Büroschreibtische mit großen Abständen, oder aber getrennte Schichten für ArbeitnehmerInnen, deren Arbeit nur vor Ort ausgeführt werden kann.
Aber egal, wo die MitarbeiterInnen sich befinden, egal, in welchen Teams und Schichten sie gerade arbeiten: die Unternehmen müssen sich auf die Produktivität ihrer MitarbeiterInnen verlassen können, um schnell auf neue Anforderungen von KundInnen reagieren zu können. Deswegen ist es jetzt umso wichtiger, dass Unternehmen die Bindung zu ihren MitarbeiterInnen stärken, denn loyale MitarbeiterInnen arbeiten auch produktiver. Ideen für die MitarbeiterInnenbindung gibt es so zahlreich wie Unternehmen selbst: Regelmäßige informelle Telefonate mit den MitarbeiterInnen, Betreuungsangebote für Kinder während neuer Arbeitszeiten, Lieferungen von frischem Obst oder Schokohasen ins Home-Office… Jedes Unternehmen sollte passende Maßnahmen ergreifen, die das Netzwerk untereinander stärken – Hauptsache, sie passen zur eigenen Unternehmenskultur. Eine hohe Netzwerkorientierung, die durch diese Bindungsmaßnahmen entsteht, wird sich wiederum auch in künftigen kritischen Situationen auszahlen.
Wie passen Unternehmen ihre Gebäude- und Raumstrukturen auf die neuen Bedürfnisse an?
Die Pandemie hat gezeigt, dass vieles auch im Home-Office erledigt werden kann. Wahrscheinlich werden viele MitarbeiterInnen in Zukunft flexibler zwischen Büro und Home-Office wechseln und öfter von zuhause arbeiten. Auch Online-Weiterbildungen haben sich bestens bewährt, so dass sie in Zukunft öfter als bisher virtuell statt vor Ort stattfinden werden. Aber: Auch die Bedeutung von persönlichen Kontakten im Arbeitsalltag ist gerade durch ihr Fehlen offensichtlich geworden. Sich zu sehen, sich auszutauschen, gemeinsame Emotionen zu teilen – all das ist wichtig und wertvoll für gutes Arbeiten. Deswegen wird die Zukunft der Arbeit in einem hybriden Modell liegen. Der Fokus liegt ab jetzt weniger darauf, physische Arbeitsplätze anzubieten, als darauf, Räume zu schaffen, in denen sich alle Unternehmensmitglieder begegnen können.
Bei der Vor-Ort-Arbeit brauchen die MitarbeiterInnen Möglichkeiten, sich gegenseitig zu informieren und auszutauschen, auch wenn Schichten entzerrt und persönliche Kontakte dadurch minimiert werden. Die Aufgabe von Unternehmen ist es, beide Arbeitsweisen – remote und vor Ort – so zu steuern, dass jeweils die Vorteile zum Tragen kommen: Flexibilität im Arbeiten und Produktivität durch Bindung an das Unternehmen. Dieses Hybrid-Arbeitsmodell kann direkte Auswirkungen auf die Gebäudestrukturen haben. Unternehmen mit vorwiegend computerzentrierter Arbeit könnten z.B. auf kleinere, dezentrale Gebäude mit verschiedenen Möglichkeiten für Treffen, Meetings und Austausch ausweichen, anstatt ein großes Unternehmensgebäude zu halten. Das hat über die Arbeitsflexibilität für die MitarbeiterInnen hinaus den Vorteil, dass bei lokal begrenzten Krisensituationen – sei es ein Krankheitsausbruch, ein Anschlag auf ein Gebäude oder ein Stromausfall – sehr schnell ein Wechsel in ein anderes Gebäude möglich ist.
Unternehmen haben also die Möglichkeit, die hohe coronabedingte Reaktions-Geschwindigkeit beizubehalten – aber nicht auf Kosten von Burn-out oder übermenschlicher Kraftanstrengung. Das wäre auch nicht zielführend, denn außergewöhnliche Kraftanstrengungen kann man eben nur „außerhalb des Gewohnten“ und für kurze Zeit aufbringen. Ein resilientes Unternehmen aber braucht genug Reserven, um kraftvoll in die Zukunft steuern zu können und auch auf zukünftige kritische Situationen noch reagieren zu können. Deswegen sollten Führungskräfte die Situation nutzen, um die richtigen Fragen zu stellen, wie sie auch in Zukunft mit hoher Geschwindigkeit und gleichzeitig auf die richtige Art auf unerwartete Situationen reagieren können – und damit resilient und fit für die Zukunft bleiben.
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