Maßnahmen zur Resilienzstärkung: Die Qual der Wahl
Was würden Sie tun, wenn das Dach Ihres Hauses bei Regen undicht ist: Stellen Sie Eimer auf, behelfen Sie sich kurzfristig mit einer Plane oder reparieren Sie das Dach? Oder wenn im Unternehmen eine wichtige Software nicht rund läuft: Schulen Sie die Anwender:innen, suchen Sie kreative Workarounds, wechseln Sie die Software oder lassen Sie einen IT-Profi vorbeikommen? Es gibt immer unterschiedliche Lösungsansätze und Sie haben die „Qual der Wahl“, wie Sie das Problem angehen. Ähnlich ist es im Kontext der Resilienzstärkung – als Entscheider:in stehen Sie vor der Frage, mit welcher Maßnahme Sie am besten zum Ziel kommen. Aber warum ist Resilienzstärkung trotz jahrzehntelanger Resilienzforschung so komplex und wie gehen Organisationen mit dieser Unsicherheit um?
Qual der Wahl #1 – Unklare Ursachen
Maßnahmen zur Resilienzstärkung müssen zu den Ursachen der Belastung passen – und diese sind höchst individuell: Leistungsansprüche (von außen oder selbst gesetzt), veränderte Arbeitsabläufe durch virtuelles Arbeiten, Sorgen um nahestehende Menschen und den Frieden, Stress durch Lieferengpässe oder Mehrarbeit durch Strategieänderungen, eine schwierige Teamkonstellation oder Angst um den Arbeitsplatz. Diese Faktoren tangieren uns als Individuen, beeinflussen unsere Begegnungen im privaten und beruflichen Kontext und können unsere Leistungsfähigkeit schwächen. Die Herausforderung: Belastungen sind meist multifaktorielle Situationen, die unterschiedliche Ansätze zur Resilienzstärkung erfordern.
Qual der Wahl #2 – Ziele & Ressourceneinsatz
Bei der Planung von Resilienzmaßnahmen spielt nicht nur das „Woher“ eine Rolle, sondern auch das „Wohin“.
Vielleicht kennen Sie aus dem Projektmanagement das magische Dreieck: Zeit, Kosten und Leistung sind die drei zentralen Dimensionen für den Projekterfolg. Wird an einer Ecke des magischen Dreiecks “gezogen”, wirkt sich das unmittelbar auf die beiden anderen Ecken aus. Um Zielkonflikte zu vermeiden, muss klar sein, auf welchem Parameter der Fokus liegen soll.
Ähnlich ist es bei der Resilienzstärkung: Sie müssen entscheiden, welche Ziele Sie priorisieren und was Sie dafür einsetzen können und wollen.
In meinem Verständnis zielt Resilienzstärkung stets auf die Regulationskompetenz, in Krisen einerseits Stabilität UND andererseits Flexibilität aufzubauen. Das bedeutet für …
- Individuen: Wenn uns etwas destabilisiert, können wir innerlich umfokussieren, um uns wieder zu stabilisieren. Diese Strategie ist die Basis, um im Außen flexibel handlungsfähig und langfristig gesund zu bleiben. Relevant ist die eigene innere Bühne und unser Mindset
- Teams: In Engpass-Situationen können sich Teams umorganisieren und gegenseitig unterstützen. Mit Mut zur Lücke richten sie den Fokus auf Kernaufgaben und schützen sich so vor Überlastung und Ausbrennen. Voraussetzungen sind Vertrauen, psychologische Sicherheit, Raum für Emotionen und konstruktives Lernen aus Fehlern. Führungskräfte setzen den Rahmen für die interaktionalen Prozesse, indem sie ermutigen oder/und Hindernisse beseitigen.
- Organisationen: Sie können kritische Situationen abfedern und sich anpassen, um so ihre Ziele zu erreichen, zu überleben und zu wachsen. Wichtige Aspekte für resiliente Unternehmen sind die Wahrnehmung kleiner Abweichungen, frühzeitige Informationsweitergabe, Entscheidungskompetenzen, Aufbau von Redundanzen, Fokus auf Kernprodukte und Kernprozesse sowie eine Vertrauens- und Wertekultur.
Qual der Wahl #3 – Die Auswirkungen
Welche Auswirkungen einzelne Maßnahmen haben werden, lässt sich nur auf Basis von Erfahrungswerten prognostizieren – letztlich zeigt sich der Erfolg immer erst im Rückblick. Diese Unsicherheit bei der Auswahl der Maßnahmen gilt es auszuhalten.
Fakt ist: Vorträge, Bücher, Videos und Podcasts sind gute Tools, um sich zu informieren und für das Thema Resilienz zu sensibilisieren. Resilienztrainings und Resilienzworkshops sind ebenfalls ein sehr sinnvoller praktischer Einstieg und ein erster Schritt zu mehr Resilienz – aber für nachhaltige Verhaltens- und Einstellungsveränderungen braucht es eigenes Tun und vor allem den Transfer in den Alltag. Organisationen benötigen darüber hinaus interne Unterstützer, um Veränderungen in Strukturen und Prozessen umzusetzen und voranzutreiben und so die organisationale Resilienz zu stärken.
Hier sind Führungskräfte und Entscheider:innen gefordert. Resilienz liegt nicht allein in der Verantwortung der Mitarbeitenden, sondern ist eine Führungs- und Unternehmensaufgabe.
Die Aufgaben der Führungskräfte: Entscheiden. Ermutigen. Gestalten.
Wo und wie sollen wir mit Resilienzstärkung anfangen? Ist es besser, erst einmal alle für das Thema zu sensibilisieren oder starten wir gleich mit einem Pilotprojekt durch? Wo liegen eigentlich genau die Herausforderungen, denen wir künftig resilienter begegnen möchten? Was ist unser Ziel? Beginnen wir bei individueller oder organisationaler Resilienz – oder beides parallel? Wer muss intern und extern mit im Boot sein? Wer plant, koordiniert, begleitet die Maßnahmen?
Führungskräfte stehen vor den oben beschriebenen Unsicherheiten. Bei ihnen liegt die Qual der Wahl, weil sie entscheiden, welchen Stellenwert Resilienzstärkung haben soll, was dafür getan wird und welche Budgets freigegeben werden. Sie entscheiden oder schlagen zumindest vor, wer an Resilienz-Coachings oder Resilienztrainings teilnimmt. Und ganz wichtig: Sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Resilienz nachhaltig verankern kann – bei den einzelnen Mitarbeitenden, in den Teams, aber auch in der Organisation als ganzes. Sie übernehmen die Verantwortung, dass es „klappt“ mit dem Plus an Resilienz, dass das Ziel präsent und der Prozess lebendig bleibt.
Vielleicht brauchen Führungskräfte deshalb erst einmal Klärung und Stärkung für sich selbst, um sich nicht zwischen den Anforderungen des Unternehmens – also der Formulierung und Durchsetzung klarer Ziele und Erwartungen – und der Interessen der Mitarbeiter:innen aufzureiben. Ein Resilienztraining für Führungskräfte oder einige Coachingstunden können hier bei der Reflexion und der Stärkung der eigenen inneren Stärken helfen.
Hinzu kommt: Es gibt immer mehr „Knowledge Worker“, die Experten auf ihrem Gebiet sind, höhere Ansprüche haben und viel selbstbestimmter agieren müssen (und wollen), als es noch vor 20 Jahren der Fall war. Was brauchen diese Mitarbeiter:innen, um gerne und motiviert in einem Team mitzuarbeiten? Wie kann man diese Mitarbeiter:innen als Partner für die Resilienzstärkung gewinnen? Hier kann beispielsweise ein Team-Check zu den aktuellen Schutz- und Risikofaktoren und eine gemeinsame Maßnahmenplanung eine passende Antwort sein.
Fakt ist: Mitarbeiter:innen erwarten, dass ihnen auf Augenhöhe begegnet wird und sind höchst sensibel, wenn nur Alibi-Veranstaltungen angeboten werden. Genau deshalb können Führungskräfte die Resilienzstärkung nicht einfach wegdelegieren, sondern sie sind gefordert, die sogenannte Verhältnisprävention mit gesundheitsförderlichen Rahmenbedingungen aktiv zu gestalten.
Resilienzberater:innen können die „Qual der Wahl“ vereinfachen
Resilienzberater:innen sind die richtigen Ansprechpartner:innen, um das Thema Resilienzstärkung zu planen und voranzutreiben. Sie können passgenaue Maßnahmen planen und durchführen, unterstützen Einzelpersonen in ihrer jeweiligen Rolle, stärken Teams und geben strukturelle Impulse für die Entwicklung einer resilienten Organisationskultur.
Es lohnt sich also, in diese Kompetenzen zu investieren, indem beispielsweise Personal- und Organisationsentwickler:innen oder Führungsverantwortliche die (Zusatz-)Qualifikation als Resilienzberater:in erwerben.
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Gerade Punkt 1 kann man mit Notfallübungen gut begegnen, damit erst mal reagiert wird. Besonders wichtig sind die Führungskräfte. Ein Krisenmanagement sollte besonders auf die Softskills achten. Falsches Personal an kritischen Stellen führt zwangsweise zu falschen Entscheidungen die besonders für viele tragisch enden kann.