Reden reicht nicht – Welche Krisenkompetenz wir wirklich für unsere Resilienz brauchen

Kennen Sie das? Sie sprechen mit jemandem über ein Problem – und trotzdem bewegt sich innerlich nichts? Oder Sie versuchen, anderen oder sich selbst gut zuzureden – aber der Effekt bleibt aus? Dr. Michael Bohne, Facharzt für Psychiatrie und Entwickler der Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie (PEP), bringt es auf den Punkt: „Reden reicht nicht.“ Und das meint er wörtlich.

Ich habe mir seinen inspirierenden Vortrag zu mehr Krisenkompetenz auf dem Kongress „Reden reicht nicht“ angesehen – und teile hier zentrale Impulse daraus. Es geht um mentale Immunabwehr, emotionale Selbststärkung und ein neues Denken in Krisen.

Die „Big Five“ – Wenn der Weg zur Lösung blockiert ist

Bohne spricht von den „Big Five Lösungsblockaden“. Sie halten uns in innerer Unfreiheit – obwohl wir nach vorne wollen:

  1. Selbstvorwürfe: Ob im Alltag oder bei Suchterkrankungen – Schuldgefühle führen selten zu Entwicklung. Im Gegenteil: Sie verfestigen Verhaltensmuster.
  2. Fremdvorwürfe: Wenn Wut nicht in Handlung führt, sondern in Passivität oder Dauerklage mündet, schwächt sie uns.
  3. Erwartungshaltungen: Wer dauernd auf Reaktionen anderer hofft, verliert seine eigene Handlungsfreiheit.
  4. Altersregression: In Stressmomenten werden wir wieder zu Kindern – abhängig, hilfsbedürftig, ohnmächtig.
  5. Parafunktionale Loyalitäten: Unbewusste Bindungen an frühere Erfahrungen verhindern, dass wir uns Entwicklung „erlauben“.

Diese Blockaden zeigen sich auch im Coaching – subtil oder offensichtlich. In meinen Resilienztrainings arbeiten wir u. a. mit Methoden wie dem Reframing, Embodiment oder Visualisierungen, um genau diese Muster zu erkennen und zu wandeln.

Die „Bad Five“ – Wenn der Selbstwert leidet

Noch tiefer greifen laut Bohne die „Bad Five Selbstwerträuber“:

  1. „Ich will zeigen, was ich kann“ – aber bevor ich etwas leiste, liegt die Latte schon viel zu hoch.
  2. „Ich will gemocht werden“ – und mache mich abhängig vom Urteil anderer.
  3. Fehler gelten als Scheitern – anstatt als Lernerfahrung.
  4. Altersregression – auch hier: Ich vergesse meine Kompetenzen.
  5. Und ganz zentral: Ein negatives Selbstbild.

Bohne betont: Der Selbstwert ist unser „psychisches Immunsystem“. Und gerade in Umbruchzeiten ist dieses Immunsystem entscheidend.

Die „Great Five“ – Krisenkompetenzen für eine komplexe Welt

Wie kommen wir also aus der Schwächung zurück in die Kraft?

Mit den „Great Five Krisenkompetenzen“ formuliert Bohne einen zeitgemäßen Resilienzansatz – mit viel Überschneidung zu meinem eigenen Verständnis:

  1. Emotionale Selbstregulation – z. B. durch Klopftechniken, Atemübungen oder Imaginationsarbeit.
  2. Komplexitätsreduktion – nicht alles wissen wollen, sondern das Relevante erkennen.
  3. Prozessorientierung – flexibel bleiben, mit dem arbeiten, was da ist.
  4. Ambiguitätstoleranz – Mehrdeutigkeit aushalten, ohne in starre Positionen zu verfallen.
  5. Leichtigkeit und Humor – ernst nehmen, ohne zu verkrampfen. Das ist (auch) Resilienz.

Was ich besonders schätze: Bohne spricht nicht nur von innerer Arbeit – sondern auch von gesellschaftlicher Verantwortung. Wenn wir junge Menschen stärken wollen, brauchen sie Teilhabe, Anerkennung und Sichtbarkeit.

Kohärenz – die innere Ordnung wiederfinden

Aaron Antonovskys Konzept der Kohärenz ist ebenfalls zentral im Vortrag:
Wenn ich mein Leben als verstehbar, sinnhaft und handhabbar erlebe, bin ich resilienter – in mir ruhender, orientierter, wirksamer.

In meinen Coachings arbeite ich oft mit genau diesen drei Dimensionen. Wer Kohärenz spürt, verliert sich nicht – auch nicht in der Krise.

Reframing – aus Krisen werden Challenges

Vielleicht mein Lieblingsimpuls aus dem Vortrag:
Sprache verändert unsere Wahrnehmung. Bohne fragt:

„Was wäre, wenn wir aus der Klimakrise eine Klimachallenge machen? Aus der Demokratiedepression eine Demokratichallenge?“

Allein dieser Perspektivwechsel löst oft mehr aus als viele Worte.
Und ja – reden kann hilfreich sein. Aber nicht, wenn es im alten Denken stecken bleibt.

Fazit

Resilienz ist keine Frage von „Augen zu und durch“ – sondern von innerer Bewegung.
Die Konzepte von Michael Bohne lassen sich hervorragend in Coaching und Training integrieren – sei es zur Selbstwertstärkung, Emotionsregulation oder zur Aktivierung von Handlungsspielräumen.

Wenn Sie für sich selbst, Ihr Team oder Ihre Organisation echte Veränderungsimpulse setzen wollen: Ich unterstütze Sie gern – mit wirksamen Methoden, Haltung und Humor. Reden kann ein Anfang sein. Aber Veränderung beginnt mit Haltung und Handlung.

Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Sie in Ihrer Organisation die „Great Five“ stärken können? Dann nehmen Sie gern Kontakt mit mir auf. Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen!

Zum Anschauen:

Michael Bohne auf YouTube (mit einem Vortrag zu den Big Five Lösungsblockaden von 2020): https://youtu.be/GsQq0W7k4Gg?feature=shared