Mehr Selbstwirksamkeit durch Kohärenz
Menschen erleben vor allem dann Selbstwirksamkeit, wenn Herausforderungen als kohärent, also als „stimmig“ angesehen werden. Kohärenz empfinden wir nur dann, wenn wir eine Aufgabe oder Situation als verstehbar, handhabbar und sinnhaft wahrnehmen. Fehlt einer dieser drei Aspekte, ist es viel mühsamer und oft kaum möglich, die Herausforderung zu bewältigen. Deswegen macht es Sinn, dass Sie vor Veränderungen oder neuen Projekten klären, ob Sie diese für sich selbst als kohärent wahrnehmen. Ihre Antwort ist nein? Dann sollten Sie hinterfragen, ob Sie eigene Einstellung oder die Bedingungen so ändern können, dass Kohärenz entsteht. Weitere Infos zu Kohärenz
Mehr Selbstwirksamkeit durch Stärkenarbeit
Forschungsergebnisse von Martin Seligmann aus der Positiven Psychologie belegen, dass Menschen leistungsfähiger und zufriedener werden, wenn Sie ihre individuellen Charakterstärken nutzen. Denn wer seine eigenen Stärken kennt, einsetzt und weiter trainiert, gewinnt immer mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – und damit Selbstwirksamkeit. Charakterstärken sind stabil und zeichnen sich dadurch aus, dass man ihre Anwendung nicht als anstrengend, sondern als selbstverständlich empfindet. Deshalb fällt es den meisten Menschen sogar recht leicht, die eigenen Charakterstärken besser auszubilden, indem man sie anwendet. Wenn Sie Ihre Selbstwirksamkeit stärken möchten, suchen Sie sich am besten Aufgaben, die ein hohes Maß der eigenen Stärken erfordern.
Tipp: Die Universität Zürich führt ein Langzeitstudienprojekt zu Charakterstärken durch, in dem Sie in einem Fragebogen die wichtigsten eigenen Stärken ermitteln können.
Mehr Selbstwirksamkeit durch Annäherungsziele
Der Psychologe Klaus Grawe belegt: Die Selbstwert-Erhöhung bzw. der Selbstwertschutz ist ein Grundbedürfnis (2004; nach Sander 2010, S. 87), ähnlich wie die Grundbedürfnisse nach Orientierung/Kontrolle, Bindung und Lustgewinn/Unlustvermeidung. Ganz unbewusst entwickeln wir Strategien, um diese Grundbedürfnisse zu sichern:
- Annäherungsziele („hin zu“): Erfolgreiche Bewältigungsstrategien, die unser Gehirn mit Dopaminausschüttung belohnt und die wir als Erfolgs-, Glücks– oder Flow-Erlebnisse abspeichern.
- Vermeidungsziele („weg von“): Strategien, um die Verletzung der Grundbedürfnisse zu vermeiden.
Für das Grundbedürfnis Selbstwirksamkeit bedeutet das: In einer akuten Krisensituation kann ein Vermeidungsziel zwar Sinn machen, beispielsweise wenn Sie große Stressoren meiden, um sich auf wichtige Dinge konzentrieren zu können. Richtig gut fühlen Sie sich aber nur mit Annäherungszielen, denn sie sind mit Vorfreude verbunden, aktivieren Ihre Ressourcen und stimulieren die Entwicklung neuer Fähigkeiten oder neuen Wissens. Wenn es Ihnen dann gelingt, das Ziel zu erreichen, werden die Belohnungssysteme im Gehirn aktiviert und die Strategie als nutzbringend abgespeichert.
Es entsteht eine Positivspirale: Durch Erfolge steigt Ihre Selbstwirksamkeitserwartung → Durch höhere Selbstwirksamkeitserwartung trauen Sie sich neue Ziele eher zu → Durch das Erreichen höherer Ziele steigt Ihre Selbstwirksamkeitserwartung → usw. („High Performance Cycle“; vgl. Locke & Latham 1990)
Mehr Selbstwirksamkeit durch die Übung „Teile verhandeln“
Oft befinden wir uns in einer Zwickmühle, wenn unterschiedliche Bedürfnisse gleichzeitig befriedigt werden wollen. Auf der einen Seite könnte beispielsweise Ihr Pflichtbewusstsein stehen, auf der anderen Seite Ihr Bedürfnis nach Entspannung. Das kann zu einer Blockade führen und damit auch die eigene Selbstwirksamkeit behindern. Für das Ausbalancieren unterschiedlicher Bedürfnisse und zur eigenen Stärkung eignet sich die Übung „Teile verhandeln“.
Ein Beispiel aus meiner Resilienz-Arbeit:
Eine meiner Klientinnen erzählte, immer wieder zwischen zwei Bedürfnissen zu schwanken: Dem Bedürfnis nach Loslassen, um freier zu leben, und dem Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit, um sich zu schützen. In der Übung „Teile verhandeln“ ordnete sie diesen unterschiedlichen Teilen zwei Tiere zu – einen Adler für Loslassen und eine Schnecke für Kontrolle und Sicherheit. Bei der Diskussion der Frage, was die beiden Tiere voneinander lernen könnten, erwiderte die Klientin: Mut (als Eigenschaft des Adlers) und Demut (als Eigenschaft der Schnecke). In ihrer Vorstellung gingen die beiden Tiere aufeinander zu und respektierten ihre unterschiedlichen Eigenschaften, so dass jeder zu seinem Recht kam. Die Schnecke nahm ihren Mut zusammen, um mit dem Adler in die Lüfte zu schweben und der Adler akzeptiere, dass er nicht zu hoch fliegen durfte. Dies übertrug die Klientin auf ihre eigene Situation. Für sie wurde deutlich, dass sie den Adler in sich durchaus leben durfte, aber eben nicht ganz zu stark. Denn der andere Teil in ihr musste sich erst Schritt für Schritt an die Freiheit gewöhnen. So begann die Klientin Pläne zu schmieden, um Dinge auszuprobieren, die sie schon immer machen wollte, startete aber ganz bewusst mit den kleineren Zielen.
Tipp: Ausführliche Informationen zu dieser Intervention können Sie in meinem Buch „Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke“ auf S. 89f nachlesen.