So erkennen Sie seriöses Coaching

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der „dunklen Seite“ von Coaching,  mit schwarzen Schafen und dubiosen Geschäftspraktiken. Auslöser ist ein ZDF-Beitrag von Jan Böhmermann, der aktuell viel Staub in der Coaching-Branche aufwirbelt. Wir versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen und brechen eine Lanze für seriöses Coaching, inklusive Tipps, bei welchen Anbietern Sie misstrauisch werden sollten.

„10.000 Euro monatlich verdienen, ohne zu arbeiten“ – „So skalierst du dein Business!“ – „Mit Erfolgsgarantie“. Klingt gut? Alles, was Sie scheinbar dafür brauchen, ist ein Abo für einen Business-Coaching-Kurs – so locken zumindest einige selbsternannte Coaches in hippen Werbefilmchen auf YouTube und Instagram. Und es kommt noch besser: Wenn Sie Freunde und Bekannte ebenfalls von diesen Coaching-Kursen begeistern können, erhalten Sie eine attraktive Provision. Das Geschäftsmodell, das Satiriker Jan Böhmermann im „ZDF Magazin Royale“ Ende Februar aufmerksamkeitsstark thematisiert hat, ist im Grunde nicht neu: Dubiose Schneeballsysteme gibt es schon lange, nun haben Vertreter der deutschen Get-Rich-Quick-Szene die Vertriebsmasche lediglich unter der Überschrift „Business Coaching“ wiederbelebt.

Wir müssen mit Mythen aufräumen!

Einige Coaching-KollegInnen befürchten, dass Jan Böhmermanns Persiflage die Coaching-Profession verunglimpft. Ich bin der Meinung: Sehen wir seine Sendung doch als Steilvorlage! Lassen Sie uns die angestoßene Debatte und die Medienpräsenz nutzen, um uns öffentlichkeitswirksam mit wichtigen Themen wie Coaching-Qualität und Coaching-Ethik auseinanderzusetzen, wie es unter anderem der Berufsverband DBVC mit der Initiative #TransparenzlmCoaching bereits tut.

Ich persönlich führe seit fast 25 Jahren mit Führungskräften Einzel-Coachings zur Klärung beruflicher Anliegen durch und habe zahlreiche Ausbildungen und -Weiterbildungen absolviert, unter anderem bei Hephaistos. Fakt ist: Was auf YouTube und Instagram mit penetrantem Werbedruck und unglaubwürdigen Versprechen verkauft wird, hat mit echtem Business Coaching oder Life Coaching wenig zu tun. Doch der Begriff Business Coach ist nicht geschützt und es gibt keine Zugangsvoraussetzungen hinsichtlich der Ausbildung oder Praxiserfahrung. Diese Lücke bietet Raum für Pseudo-Profis, die lauter und sichtbarer agieren als die Vielzahl an gut ausgebildeten und qualifizierten KollegInnen.

Aber wie erkennen Sie die schwarzen Schafe? Was sind Red Flags und wie entlarven Sie Möchtegern-Gurus, die nur auf das schnelle Geld aus sind und dafür heiße Luft liefern?

Drei Merkmale für echtes Business Coaching


1. Kein Verkaufsdruck

Eine seriöse Coachingbeziehung basiert auf einer freiwilligen Entscheidung des Coachees für ein Coaching und für mich als Coach – immer auf Initiative des Coachees. Bei einem kostenlosen und unverbindlichen Kennenlerngespräch geht es um die Klärung der Ausgangssituation, und die Abstimmung von Zielen, Dauer und Methoden, aber auch um die Einschätzung „Passen wir überhaupt zueinander? Stimmt die Chemie? Möchten wir miteinander arbeiten?“ Nach diesem Gespräch vereinbaren wir gemeinsam eine Entscheidungsfrist, bevor ein Coachingvertrag geschlossen wird. Der Zeitbedarf der einzelnen Termine wird mitprotokolliert und nach einer gewissen Stundenzahl abgerechnet.  Wichtig ist aus meiner Sicht darüber hinaus die Option, den Coachingumfang flexibel anpassen zu können, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern oder wenn der Coaching-Erfolg schneller oder langsamer erreicht wird als anfangs geplant.

Red Flags: Demgegenüber stehen Coaching-Programme mit hohem Werbedruck, meist ohne persönliches Kennenlernen und mit aggressiven Vertriebstaktiken à la „Dieses attraktive Angebot gilt nur für die nächsten 24 Stunden“. Besonders perfide: Viele Coaching-Abo-Fallen beinhalten im Kleingedruckten einen expliziten Ausschluss des Widerrufsrechts, was mittlerweile auch die europäische Verbraucherschutzzentrale auf den Plan gerufen hat.

2. Eigenverantwortung des Coachees

Als Coach verstehe ich mich als „Sortierhelferin“ und Unterstützerin für den inneren Arbeitsprozess des Coachee. Ich bin verantwortlich für den Prozess, aber die Verantwortung für das Erreichen des Ziels liegt ganz klar beim Coachee. Das ist mir so wichtig, dass ich es auch im Coachingvertrag verankere: „Die Beraterin setzt alle ihr zur Verfügung stehenden Techniken und Interventionsmöglichkeiten zur vollen Entfaltung und Nutzen des/der Klient:in ein. Der/die Klient:in ist für seine/ihre persönliche und berufliche Veränderung selbst verantwortlich und bereit, soweit es ihm/ihr möglich ist, an sich zu arbeiten, um die gewünschte Veränderung in seinem/ihrem Leben zu erreichen.“

Red Flags: Seriöse Coaches geben keine Versprechen, ganz im Gegensatz zu Social-Media-Gurus, die mit schnellen Ergebnissen, garantierten Zielen – am besten 110 Prozent – und spektakulären Erfolgsgeschichten werben.

3. Wissenschaft statt Worthülsen

Seriöse Coaches sind gut ausgebildet und setzen ein breites Repertoire wissenschaftlich fundierter Methoden und Ansätze ein. Ich arbeite beispielsweise gerne mit dem Ansatz zur Psychodynamik von Klaus Eidenschink (Metatheorie der Veränderung). Dabei coache ich aber immer im Dialog, erkläre meine Vorgehensweise und lasse die KlientInnen mitentscheiden, welche Methode er/sie nutzen möchte.

Red Flags: Coaching-Programme wie „In 100 Tagen reich, berühmt, beliebt, erfolgreich …“ sind hingegen meist starr und servieren einfache, standardisierte Lösungen für komplexe Probleme. Dabei bedienen sie sich einer pseudowissenschaftlichen Sprache und nebulöser Worthülsen, die den Anschein eines wissenschaftlichen Fundaments erwecken.

Mein Coaching-Selbstverständnis

Angesichts dieser Entwicklungen im Coachingmarkt sind Standards zu Ethik und Qualifikation aus meiner Sicht notwendiger denn je, ebenso intensive Forschung zum Wirknachweis von professionellem Coaching. Das DBVC-Kompendium und die anthropologischen Grundaussagen zur Professionsethik bieten hier eine gute Orientierung für die Beziehung zwischen Coach und Coachee.

Auch mein Coaching-Verständnis weist eine große Schnittmenge zu den Empfehlungen des DBVC auf, gleichzeitig brauche ich als Coach neben gemeinsamen Standards aber auch die Unabhängigkeit, um ein differenziertes Profil an Werten, Tools und Konzepten zu entwickeln – es muss klar sein, wofür ich eingekauft werden kann und wofür nicht.

Fazit

Schwarze Schafe gibt es in jedem Berufsstand und eine kritische, objektive Auseinandersetzung ist wichtig, um für Missstände zu sensibilisieren. Was wir brauchen, ist aber keine pauschalisierende Polemik, sondern mehr Professionalisierung. Böhmermann hat es leider versäumt, deutlich zu machen, dass es in seinem Bericht nur um einen kleinen Teil des Coaching-Marktes geht. Mit Transparenz, Kommunikation und klaren Qualitätskriterien können wir als Coaches und als Mitglieder von Branchenverbänden das Vertrauen in Coaching stärken und unseren KundInnen helfen, seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden.

Und wie finden Sie gute Coaches?

Mein Tipp: Aktivieren Sie Ihr berufliches Netzwerk und fragen Sie Personen Ihres Vertrauens! Meine Coachees kontaktieren mich in sehr vielen Fällen auf Empfehlung oder weil sie mich in einem Vortrag oder einem Training bereits kennengelernt haben. Falls Sie im Internet recherchieren, sind die Mitglieder-Datenbanken renommierter Coaching-Verbände eine gute erste Anlaufstelle. Und verzichten Sie nie auf ein persönliches Erstgespräch, denn eine wirksame Coaching-Zusammenarbeit braucht ein vertrauensvolles Verhältnis und eine gewisse Resonanz auf beiden Seiten.

Dies ist der Beitrag 5 von 10 rund um Übergänge, Perspektivwechsel und Coaching. Im nächsten Beitrag geht es um die Kunst des Übergangs in wichtigen Lebenssituationen: von beruflichen Veränderungen bis hin zu persönlichen Wendepunkten.