Übergangsphasen konstruktiv nutzen
In diesem Beitrag geht es um die Kunst des Übergangs: Wie meistern Sie Übergangsphasen im Beruflichen oder Privaten, wenn Sie zwischen Vergangenheit und Zukunft stehen?
Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft ist noch nicht da – dieses Bewusstsein prägt Phasen des Übergangs. Sie wollen etwas ändern, können sich ohne Unterstützung aber noch nicht dazu durchringen, den ersten Schritt zu tun. Oder sie werden – durch einen Wechsel in ein ungeliebtes Aufgabengebiet, durch eine Krankheit – dazu gezwungen, etwas zu ändern, können das Alte aber noch nicht wirklich loslassen.
Es gibt Übergangsphasen, die für bestimmte Altersphasen typisch sind. In Kindheit und Jugend sind der Schuleintritt und der Wechsel in eine weiterführende Schule für die meisten Menschen Phasen, die eine tiefgreifende Veränderung anstoßen. Ebenso der Berufseintritt und später der Wechsel in die erste Führungsposition oder die Gründung eines eigenen Unternehmens. Nicht zuletzt ist der Übergang vom Berufs- und Rentner:innenleben eine Lebenssituation, die eine große Herausforderung darstellen kann.
Auch im Privaten erleben wir Phasen, in denen sich alles ändert: die Gründung einer eigenen Familie, eine Trennung oder Schicksalsschläge wie Krankheitsdiagnosen, ein Unfall bis hin zum Tod geliebter Personen.
Zeit nehmen für Übergangsphasen
Übergangssituationen sind individuell, von außen ist kaum erkennbar, ob ein bestimmtes Ereignis für jemanden eine Übergangsphase darstellen wird oder nicht. Was sie besonders schwer macht, ist unsere individuelle Bewertung. Der Gedanke „Ich muss diesen neuen Geschäftsbereich übernehmen, der mir nicht gefällt – das ist die Strafe dafür, dass zuvor nicht gut genug war“ macht den Übergang bestimmt schwerer als „Ich entscheide mich dazu, diesen neuen Geschäftsbereich intensiv kennenzulernen und ergreife meine Chance, darin zu glänzen.“ Aber dass wir uns solche Bewertungen meist nicht bewusst aussuchen können, macht Übergangsphasen eben zu dem, was sie sind. Wir schwanken hin und her zwischen dem Alten und dem Neuen, Ideen für die Zukunft und Festhalten an Bekanntem. Gleich, ob es sich um Übergangsphasen im Beruflichen oder Privaten handelt: Solche Phasen brauchen ihre Zeit.
Wenn Sie merken, dass Sie sich in einer Phase zwischen alt und neu befinden: Geben Sie sich diese Zeit und den Raum für Ihren inneren Klärungsprozess. Vielleicht sogar wörtlich, wenn das möglich ist – nehmen Sie sich eine Auszeit, in der Sie nicht erreichbar sind. Ein Ortswechsel im Außen kann auch neue Gedanken im Inneren anstoßen – deswegen findet zum Beispiel mein Coaching-Retreat auf Teneriffa statt, wo Sie sich fernab vom Alltag mit Ihrer Übergangsphase beschäftigen können. Apropos Coaching: Teilen Sie Ihre Gedanken mit. Das hilft beim Sortieren. Ihrem Partner, einer Freundin, oder eben, wenn die zu nah dran sind am Thema oder sich nicht intensiv genug damit auseinandersetzen wollen oder können, einem Coach, der Sie professionell dabei unterstützt, sich voll und ganz für das Neue zu entscheiden.
Reaktionen auf Übergangsphasen
Wenn Sie zu einer akzeptierenden Haltung gelangen, dann lassen Sie die Übergangsphase im Grunde schon hinter sich. Und dennoch ist es normal, noch einmal zurückzuschwenken, bevor Sie sich ganz auf das Neue einlassen. Veränderungen anzunehmen, auch vermeintlich bedrohliche, sich einer Situation zu stellen, kann eine große Energieaktivierung bewirken, die die Veränderung leichter handhabbar und evtl. auch gestaltbarer in Ihrem Sinne macht. Die Herausforderungen anzunehmen und sich den neuen Gegebenheiten anzupassen führt im Normalfall früher oder später zu einem Gefühl der Zufriedenheit und des Fortschritts – erfordert aber auch ein hohes Maß an Mut und Ungewissheitstoleranz.
Vor der Akzeptanz reagieren viele Menschen auf sich abzeichnende Übergänge aber auch mit Widerstand oder mit passivem Abwarten – oder sie schwanken lange zwischen den verschiedenen Reaktionen hin und her, bevor sie sich an die neue Situation anpassen.
Widerstand und Ablehnung kann sich dabei in Form von Angst, Unsicherheit oder Kämpfen – mit Argumenten und Fakten, um die Veränderung abzuwenden – manifestieren. Übergange bringen Ungewissheit mit sich, die als bedrohlich bewertet werden oder einen Verlust des Status Quo mit sich bringen kann, und Menschen, die mit Widerstand reagieren, fokussieren sich stark auf die vermeintlichen Bedrohungen und Verluste.
Andere Menschen neigen dazu, zunächst abzuwarten und stillzuhalten und die Veränderung zu beobachten, ohne sofort zu handeln. Sie können hoffen, dass sich die Situation von selbst löst oder dass weitere Informationen verfügbar werden, bevor sie eine Entscheidung treffen. Dies kann eine vorläufige Reaktion sein, während sie noch Informationen sammeln oder sich mit den Auswirkungen der Veränderung auseinandersetzen. Diese Strategie beinhaltet aber die Gefahr, den Moment zu verpassen, in dem aktiv die neue Situation mitgestaltet werden kann.
Lernen aus Höhen und Tiefen
In der Coaching-Arbeit arbeite ich gerne mit einer Übung, die verschiedene mögliche Zukunfts-Szenarien erlebbar macht. Sie ist besonders wirkungsvoll, wenn der/die Coachee schon weiß, was nicht mehr sein soll, aber noch keine konkrete Idee hat, was stattdessen passieren soll. Im Prinzip besteht diese Übung darin, dass der/die Coachee in die verschiedenen Zukünfte eintaucht und sie sich mit allen Sinnen vergegenwärtigt – und oft entsteht daraus eine klare Präferenz oder ein Impuls, um ins Handeln zu kommen.
Eine gute Übung, um sich für die kommenden Veränderungen zu stärken, ist die Timeline-Arbeit. Diese Übung können Sie auch alleine durchführen. Ein Blick auf Ihre vergangenen Höhen und Tiefen hilft Ihnen, in Ihrem eigenen Lebensverlauf Ressourcen zu entdecken. Vielleicht werden Sie aus Ihrer Lebenslinie ganz individuelle, vielleicht sogar für Sie selbst überraschende, Schlüsse ziehen.
So zeichnen Sie Ihre Lebenslinie:
Denken Sie an die verschiedenen Phasen Ihres Lebens bis jetzt. Nehmen Sie sich Zeit, um sich an die kritischen und herausfordernden Situationen zu erinnern, die Sie sowohl privat als auch beruflich durchlebt haben.
Beginnen Sie dann damit, die Zeitachse entsprechend Ihres Alters in Abschnitte einzuteilen. Wenn Sie sie bereist absehen können, zeichnen Sie auch Ihre nahe Zukunft auf dem Zeitstrahl ein. Anschließend können Sie Ihre Lebenslinie zeichnen, die wie ein Aktienkurs steigen oder fallen kann, beispielsweise so:
Markieren Sie dabei die Zeiten in Ihrem Leben, die einen Übergang von einer Lebensphase in die nächste darstellten; Sie können diese zusätzlich durch farbliche Markierungen, Symbole oder Kommentare hervorheben. Fragen Sie sich anschließend…
- was in den verschiedenen Lebensphasen für Sie bedeutsam war?
- Wie sie Übergangsphasen erlebt und wie Sie sie bewertet haben – mit Angst, mit Vorfreude, als Scheitern, als Chance?
- Welche Ihrer Fähigkeiten haben Ihnen dabei geholfen, diese Situationen zu meistern?
- Was ist Gutes aus diesen Ereignissen erwachsen?
Aus einer solchen Rückschau können Sie viel für zukünftige Übergangsphasen für sich lernen. Am besten schreiben Sie Ihre Erkenntnisse und Rückschlüsse auf, oder sprechen Sie darüber mit einer vertrauten Person oder einem Coach. Durch das Aufschreiben und Aussprechen werden entscheidende Erkenntnisse oft deutlicher und unterstützen Sie nachhaltiger, um mit Überzeugung die neue Lebensphase willkommen zu heißen.
Fazit
In Übergangsphasen stehen Sie zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Gleich, ob es sich dabei um berufliche oder private Übergangsphasen handelt: Sie sind bedeutende Wechsel von einer Lebensphase in eine andere, und Sie sollten sich Zeit zugestehen, um das Vergangen wertschätzend abschließen und loslassen zu können und der neuen Lebensphase mit mehr Leichtigkeit und Offenheit begegnen zu können – vielleicht tatsächlich in einer Auszeit vom Alltag. Denn eine anfängliche Reaktion mit Widerstand oder Passivität ist normal, bevor Sie zu einer akzeptierenden Haltung gelangen. Gerade, weil es dabei um die Zukunft geht, hilft ein Blick auf die bisherigen eigenen Erfahrungen und Ressourcen. Als Ihr Coach kann ich Sie dabei auch unterstützen.
Dies ist der Beitrag 6 von 10 rund um Übergänge, Perspektivwechsel und Coaching. Im nächsten Beitrag geht es um Resilienz durch Achtsamkeit: ein Blick auf die Rolle von bewusster Wahrnehmung und Selbstfürsorge in der Stressbewältigung für Führungskräfte.