Veränderungskompetenz: Wandel braucht Wollen

Veränderungen kennen wir von klein auf. Der erste Schultag, ein Umzug, der Wechsel ins Arbeitsleben oder in ein neues Team. Wir probieren neue Sportarten aus, lernen neue Urlaubsorte kennen und meist verändert sich im Lauf der Jahre auch der Freundeskreis. Manche Menschen mögen Veränderungen – vor allem, wenn sie diese freiwillig anstoßen und beeinflussen können. Schwieriger wird es bei Veränderungen, die von außen auf uns zukommen und die wir nicht so gut oder gar nicht steuern können, wie beispielsweise bei einer Kündigung oder Trennung.

Genau dieses Gefühl des Kontrollverlusts erleben wir zunehmend in der Arbeitswelt. Neue Formen der Zusammenarbeit, neue Technologien, eine höhere Fluktuation und damit wechselnde Team-Konstellationen, in Folge der Digitalisierung wegbrechende Berufsbilder und neu entstehende Jobprofile, instabile Lieferketten und geopolitische Krisen: In diesen von „VUCA“ geprägten Rahmenbedingungen müssen sich Unternehmen, Mitarbeitende und Führungskräfte immer häufiger mit „verordneten Veränderungen“ arrangieren. Längst ist Wandel keine punktuelle Störung mehr, sondern ein fester Teil des Arbeitslebens.

Was ist Veränderungskompetenz?

Obwohl Unternehmen die Herausforderung erkannt haben und verstärkt in Change Management investieren, scheitern laut einer McKinsey-Studie rund 70 Prozent aller Change-Projekte. Das Problem: Häufig liegt der Fokus auf der operativen Umsetzung und der fachlichen Befähigung der Mitarbeitenden. Doch Veränderung ist zunächst eine Frage des Wollens (Veränderungsbereitschaft) und erst in zweiter Linie eine Frage des Könnens (Veränderungsfähigkeit). Beide Komponenten zusammen ergeben die Veränderungskompetenz.

Ob Veränderungen gelingen, hängt deshalb nicht nur davon ab, wie gut der Veränderungsprozess gemanagt wird, sondern Wandel muss ein ganzes Stück weiter vorne ansetzen: Beim ausgeprägten Bedürfnis der meisten Menschen nach Beständigkeit und Berechenbarkeit. Veränderung bedeutet, die Komfortzone zu verlassen und sich von Gewohnheiten und bekannten Denk- und Verhaltensmuster zu trennen. Das löst bei vielen Menschen einen inneren Widerstand, Angst, Misstrauen oder zumindest Skepsis aus – in unsicheren Zeiten umso mehr!

Die Veränderungsbereitschaft ist eine persönlichkeitsnahe Einstellung zu Veränderungen, also das, was wir als Aufgeschlossenheit für Neues oder als Kreativität im Umgang mit neuen Situationen wahrnehmen. Während die Motivation für ein konkretes Veränderungsvorhaben im Unternehmen auf kognitiver Ebene beeinflusst werden kann (zum Beispiel durch eine gute Ziel-Kommunikation), ist die allgemeine Veränderungsbereitschaft eine persönliche Disposition, die teils angelegt ist und teils durch konkrete Veränderungserlebnisse in der individuellen Biographie geformt wird.

Die Veränderungsbereitschaft kann gestärkt werden

Eine positive Grundhaltung gegenüber Veränderungen ist eine der wichtigsten Zukunftskompetenzen, auch als Aspekt der persönlichen Resilienz. Wir tun deshalb gut daran, unsere Veränderungsbereitschaft aktiv zu reflektieren und Eigenverantwortung für deren Stärkung zu übernehmen. Vorweg: Ein Wandel der eigenen Haltung von „Veränderungen erleiden“ hin zu „Veränderungen gestalten“ kostet Energie. Aber es gibt zahlreiche Ansatzpunkte, an denen jeder und jede Einzelne arbeiten kann.

Diese Woche durfte ich für Mitarbeitende von AUDI einen Vortrag halten zum Thema „Leichter mit Veränderungen umgehen“. Ziel war es unter anderem, Strategien zur Selbststeuerung zu entwickeln. Gerne gebe ich einige Impulse aus dem Vortrag an Sie weiter:

  1. Nutzen Sie Ressourcen aus vergangenen Veränderungserlebnissen: Was war gut zu beenden und was war gut neu anzufangen? Was hat Ihnen geholfen, sich für die Veränderung zu entscheiden? Welche „inneren Antreiber“ können Sie für sich identifizieren und was können Sie daraus für künftige Veränderungen lernen?
  2. Klären Sie Ihre inneren Bedürfnisse: Eine Intervention, mit der ich gerne im Coaching arbeite, ist die „innere Bühne“. Unser inneres Team ist oft widersprüchlich, es gibt verschiedene Stimmen, die sich widersprechen. Mit Tiermetaphern kann man sich diese gut bewusst machen – welches Tier bzw. welche Tiere passen zu Ihrer aktuellen Situation und könnten Ihnen einen Rat geben? Wählen Sie ein oder zwei Tiere aus, notieren sie typische Eigenschaften und leiten Sie Empfehlungen für sich ab.
  3. Trainieren Sie Ihre Ungewissheitstoleranz: Machen Sie sich einerseits Dinge bewusst, mit denen Sie sich gut stabilisieren können (Routinen, Auszeiten in der Natur o.ä.). Üben Sie andererseits aber auch Flexibilität und den Mut sich überraschen zu lassen, z.B. mit Mikroabenteuern, die neue Perspektiven öffnen (3 Stationen mit dem Zug fahren und dort den Tag verbringen / einen anderen Weg zur Arbeit nehmen o.ä.)

Wichtig: Neben der Eigenverantwortung jeder/jedes Einzelnen sind auch Führungskräfte gefordert, Rahmenbedingungen für positive Veränderungserfahrungen im Unternehmen zu schaffen, beispielsweise durch eine Feedback- und Fehlerkultur.

Sie möchten lernen, leichter mit Veränderungen umzugehen?

Mit meinem wissenschaftlich fundierten Online-Test können Sie zum Start Ihre Veränderungskompetenz testen, um sich selbst besser verstehen und einschätzen zu lernen. Sie erhalten umgehend und kostenfrei per eMail Ihr individuelles Ergebnis inklusive passender Coaching-Tipps. Den Online-Test finden Sie auf meiner Website in der Rubrik „Service“.

Zum Vertiefen:

Auch in den Modulen der Ausbildung Resilienzberatung arbeiten Sie unter anderem an Ihrer Veränderungskompetenz. Das nächste Modul mit dem Fokus auf Individueller Resilienz startet Ende September – es sind noch Plätze frei!

Ich wünsche Ihnen viele positive Veränderungserlebnisse!

2 Kommentare
  1. Elli sagte:

    Vielen Dank für Ihren wertvollen Beitrag. Über Ungewissheitstoleranz an sich habe ich bisher noch nie nachgedacht und ihr Artikel hilft bei der persönlichen Reflexion. Ich werde in den nächsten Tagen noch mehr Ihrer Artikel lesen und verinnerlichen. Wenn Sie einen Newsletter haben freue ich mich, wenn sie mich in Ihren Verteiler aufnehmen, damit ich keine Artikel mehr verpassen. Viele Grüße, Elli.

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    • Jutta Heller sagte:

      Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich freue mich, dass der Text bei Ihnen etwas anstoßen konnte! In den Newsletter habe ich Sie aufgenommen, der nächste erscheint in den nächsten Tagen.

      Antworten

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